Erkenntnis

Er saß auf dem Fensterbrett seines Dachfensters, er rauchte. Er hatte wieder angefangen als er seine alte Beziehung beendet hatte. Die Zigarette knisterte wenn er daran zog und die Glut wärmte seine Hand in dieser eisigen Nacht. Der Wind wehte um die Ecke seines Daches und blies im fröstelnd ins Gesicht. Er stieß den Rauch aus seinen Lungen in die dunkle Weite. Die Straßen waren leer gefegt und die parkenden Autos ruhten sanft am Straßenrand.

Er dachte an Sie, prinzipiell nichts Neues, doch das was beide gehabt haben, fand ein jähes Ende. Sie teilte ihm mit er habe sein Versprechen gebrochen. Er konnte es nicht verstehen. Er hatte sie einmal verletzt als er aus Unverständnis und Wut über sich selbst nicht fair gespielt hatte. Doch jetzt hatte er nicht gespielt.

Die Kippe wehte aus seiner Hand und landete in der Dachrinne, wie auch schon viele andere vor ihr. Der letzte Rauch entfloh seinen Lungen und er zitterte vor Kälte und vor der Aufregung ihre Nachricht wieder zu lesen.

Es hatte Ihn wieder aus der Bahn geworfen. Er erinnerte sich an die Zeit die sie zusammen verbracht haben. Sein Puls muss wohl so bei 150 gelegen haben. Diese ganze Geschichte war für Ihn überaus wiedersprüchlich.

Er nahm es hin, jetzt weiter zu antworten würde schief gehen. Es war ausweglos für ihn. Er hatte gerade erst etwas über den Cobra-Effekt gelesen, zack Zwickmühle! Er konnte es in ihren Augen eh nicht besser machen. Ihm ging durch den Kopf, dass Liebe nichts ist wofür man kämpft…. Kämpfe haben in seinen Augen immer was zerstörerisches. Er zog seine Lehre daraus.

Es ist wie in der Physik: Zur Beurteilung einer Sache muss man sichergehen das beide vom selben Bezugssystem reden. Man stelle sich vor, man hat eine Linie an deren Ende ein Punkt ist und wenn eine Person nun vor dem Gebilde steht, wäre der Punkt, sagen wir, links. Doch wenn dieser Person jemand gegenüber steht und auf das selbe Gebilde schauen würde, wäre der Punkt von dieser Person aus rechts…. Beide sagen die Wahrheit doch das Bezugssystem ist ein anderes.

Wenn er so darüber nachdachte war es oft ein Problem und er hatte es schon in vielen Beziehungen beobachtet, nicht nur bei sich auch bei Anderen. Rechthaben zu wollen oder gar zu müssen ist ein K(r)ampf der am Ende selten gut geht.

Er hatte bei sich weiterhin beobachtet das es ein Unterschied macht ob er tatsächlich verletzt wurde oder ob er sich nur verletzt fühlt. Er glaubte niemand will wirklich einen anderen Menschen verletzen. Oft handeln sie nur nach bestem Wissen und Gewissen und es wird immer jemanden geben der dafür angepisst ist, oder sich in dem Fall verletzt fühlt. Heute hatte er für sich beschlossen niemanden mehr für seine Gefühle verantwortlich zu machen. Wenn er es rational betrachtet dann ist so ein Gefühl ja nur ein chemischer Cocktail der eine körperliche Reaktion hervorruft, welcher durch einen Reiz ausgelöst wird. Dieser kann sogar nur ein einziger Gedanke sein der ihn wahnsinnig erfreut oder eben tottraurig macht.

Er lies sich das auf der Zunge zergehen… Er hatte wieder angefangen zu fühlen, was ihn aus seiner Starre befreit hatte. Der Grund war sie… doch er hatte auch erlebt das er in schwierigen Momenten beschissene Gedanken hatte die dann zu einer ganz anderen Empfindung wurden. Im Nachhinein musste er lachen. Wie konnte er sich nur so mit seinen verqueren Gedanken identifizieren… Sie entsprangen der Angst etwas zu verlieren was er nie besessen hatte und auch nie besitzen wird…

„Krass“ dachte er sich… so spät und nüchtern hatte er eine Erkenntnis und er merkte das er sehr viel mehr ist als seine Gedanken.

Er ist ein guter Mensch dachte er….Er wusste das…. Er hatte es gemerkt als eines Tages ein kleines Mädchen ihn umarmt hatte obwohl sie sowas sonst noch nie gemacht hatte. Er war wieder im Leben angekommen. Kinder spüren das als erstes weil das Herz da noch offener ist, wurde ihm zumindest mal von einem Menschen gesagt der sehr viel schlauer war als er selbst.

KreaOne